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weit weggezogen ist.
Trotzdem ist er froh, als der Wecker klingelt. Als erstes
hört er Samuel schnarchen. Heute nacht ist er also nicht zu
Sara gegangen.
Vielleicht hat der eine Stein gereicht, denkt Joel. Vielleicht
geht er auch gar nicht wieder hin?
Vielleicht wird alles wieder wie immer?
Plötzlich ist er kein bißchen müde.
Er zieht sich an und läuft die Treppe hinunter, hinaus in die
Nacht. Es ist nicht mehr so kalt, tut nicht mehr so weh
beim Atmen.
Das ist der Frühling, denkt er. Zuerst kommt der Frühling,
dann kommen die Sommerferien.
Ture wartet auf ihn bei den Güterwaggons. Er hat einen
Spaten mitgebracht und einen Papiersack.
Der Ameisenhaufen, schießt es Joel durch den Kopf. Den
hat er vergessen.
Aber warum will Ture, daß er ihm einen Ameisenhaufen
zeigt?
Hinter der Sägemühle ist ein Gehölz mit vielen Ameisen-
haufen. Vielleicht liegt der Schnee da auch nicht so
hoch.
Er nimmt den Papiersack, und sie laufen los. Wie immer ist
alles still und verlassen.
Ture hat eine Taschenlampe mitgebracht. Damit beleuch-
ten sie ihren Weg zwischen den Bäumen. Allein hätte Joel
sich nie hierher getraut, auch wenn er eine eigene Taschen-
lampe gehabt hätte. Die Bäume sind zu hoch, die Einsam-
keit allzu groß, so weit entfernt von der Welt der Straßen-
laternen.
»Halt mal die Lampe«, flüstert Ture.
Dann beginnt er auf den Ameisenhaufen mit dem Spaten
einzuhacken. Es dauert lange, ehe er ein paar Tannenna-
deln und schlafende Ameisen vom gefrorenen Boden los-
gepickt hat.
Joel hält den Beutel hin, damit Ture die zerhackte Erde
hineinwerfen kann. Dann wechseln sie, und Joel hackt
weiter.
Was will er damit, denkt Joel, während er mit dem Spaten
auf Wurzeln und Erde einschlägt. Was will er mit schlafen-
den Ameisen und gefrorener Erde ?
Als die Batterie der Taschenlampe fast leer ist, gehen sie
weg. An der anderen Seite der Brücke biegt Joel in einen
Weg ein, der sich zwischen stummen Häusern am Fluß ent-
langschlängelt.
Schließlich bleibt er stehen und zeigt auf ein Haus.
»Da wohnt Gertrud.«
Es ist ein kleines gelbes Holzhaus, das für sich am Ende des
Weges liegt. Im Garten gibt es Johannisbeerbüsche und ein
kleines Kartoffelbeet.
Ture rammt den Spaten in einen Schneehaufen.
»Hat sie einen Hund?« flüstert er. Das Haus ist dunkel.
Joel schüttelt den Kopf. »Soviel ich weiß, nicht.«
»Warte hier«, sagt Ture und schleicht durch die Garten-
pforte, die nur angelehnt ist. Er verschwindet in der Dun-
kelheit. Joel fühlt sich plötzlich unbehaglich.
Was hat Ture eigentlich vor?
Einige Minuten später kommt er zurück. Er sieht zufrieden
aus und macht Joel ein Zeichen, daß er den Beutel nehmen
und ihm folgen soll.
Auf der Rückseite des Hauses ist ein Fenster nur angelehnt.
Ture hat einen Schlitten darunter gestellt, auf den sie stei-
gen können. Er stellt sich darauf und fummelt so lange am
Fenster, bis es offensteht.
»Halt mal den Beutel hoch«, flüstert er.
Unterhalb des Fensters steht ein Tisch. Auf den streut Ture
die gefrorene Erde und die schlafenden Ameisen. Als der
Beutel leer ist, schiebt er das Fenster leise zu.
»Jetzt aber«, sagt er.
Er bringt den Schlitten zurück, und dann laufen sie weg,
über die Eisenbahnbrücke.
Ture lacht. »Wenn sie morgen aufwacht, sind die Ameisen
aufgetaut, und dann ist das Haus voller Ameisen.«
Joel lacht auch. Aber er ist nicht ganz sicher, ob ihm das
eigentlich gefällt. Es ist was anderes, einen Stein durch Sa-
ras Fenster zu werfen. Da hat er gewußt, warum er es
tat.
Aber der Nasenlosen Ameisen ins Haus zu streuen?
Warum ?
Angst einjagen, hat Ture gesagt.
Aber warum ausgerechnet Gertrud Angst einjagen?
»Morgen firnissen wir ihre Johannisbeersträucher«, sagt
Ture. »Das hier war erst der Anfang.«
Die Johannisbeersträucher firnissen?
Auf so was wäre Joel nie gekommen. Dazu sollte sein Ge-
heimbund eigentlich nicht eingesetzt werden. Der Hund,
der zu einem Stern läuft, ist nicht mehr dabei.
»Ich will nach dem Hund suchen«, sagt er. »Ich will keine
Johannisbeersträucher mit Firnis einschmieren.«
»Du traust dich bloß nicht«, sagt Ture.
»Klar trau ich mich«, antwortet Joel. »Aber ich will
nicht.«
Plötzlich fangen sie an sich zu streiten. Sie sagen beide
nichts, und trotzdem streiten sie sich, in Gedanken.
Den ganzen Weg nach Hause sagen sie kein Wort.
Vor dem Gerichtsgebäude trennen sie sich.
»Bis morgen«, sagt Ture und springt über die Pforte.
Joel gibt keine Antwort, sondern reicht ihm nur den Beu-
tel. Den Spaten hat Ture getragen.
»Ich muß jetzt nach Hause«, sagt Joel. »Ich kann ja nicht
wie du den ganzen Tag über schlafen.«
Er denkt gar nicht daran, Johannisbeersträucher mit Fir-
nis einzuschmieren. Er will nach dem Hund suchen. Aber
das sagt er nicht.
Ihm fällt ein, daß Ture durchbrennen will. Dann ist er
wieder allein mit seinem Geheimbund. Dann braucht er
wenigstens nichts mehr zu tun, was er nicht will.
Johannisbeersträucher kaputtmachen...
Aber feige ist er nicht, er traut sich. Er will eben nur
nicht...
Als er in die Küche kommt, sieht er sofort, daß Samuel
nicht in seinem Bett liegt und schläft. Er braucht gar nicht
nachzusehen, ob seine Sachen und Stiefel da sind. Er weiß
es so.
Vorsichtig öffnet er die Tür zu Samuels Zimmer. Das Bett
ist leer. Da fängt er an zu weinen. Er setzt sich auf die Kü-
chenbank, und die Tränen fließen. Lange sitzt er so da.
Dann holt er das Logbuch hervor, das unter »Celestine«
liegt. Mit einem Bleistift schreibt er auf eine leere Seite:
»Alle Seeleute sind jetzt weg. Der letzte, der über Bord ge-
spült wurde, war Matrose Samuel Gustafson. Sein Sohn
kämpfte bis zum letzten, um ihn zu retten, aber es war
vergeblich. Jetzt ist nur noch Joel Gustafson auf dem
Schiff. Niemand außer Joel Gustafson...«
7
Als Joel am nächsten Morgen in die Küche kommt, sieht
er, daß Samuel nachts nicht zu Hause gewesen ist. Der
Herd i kalt, und neben dem Spülbecken steht keine leere
st
Kaffeetasse.
Wieder packt ihn die Angst. Es ist ein Ungeheuer, das in
seinem Magen sitzt. Ein Tier mit scharfen Zähnen und
spitzen Krallen, ein Tier, das sich satt frißt im Innern von
Menschen, die Angst haben.
Joel beschließt, in den Wald zu gehen, sich in den Schnee
zu legen und zu sterben.
Samuel kommt bestimmt nie wieder.
Er ist weggegangen wie Mama Jenny und hat ihn zurück-
gelassen. Er hat sich nicht mal die Mühe gemacht, ihn zur
alten Westman zu bringen.
Joel versucht sich einzureden, daß er sich täuscht, daß er
sich das alles nur einbildet. Aber dann muß er sich auch
den kalten Herd und die Kaffeetasse wegdenken, die nicht
da steht, wo sie sonst steht. [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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